Tun anstatt Reden

Schon mal aufgefallen? Manche Menschen fordern, reden und diskutieren und gehen selbst mit dem denkbar schlechtesten Beispiel voran...

Diesen Blogpost schreibe ich, um mich selbst zu erziehen. Glaube ich. Denn es ist mal wieder Zeit dafür. Auslöser dafür war übrigens erstaunlicherweise nicht die Coronavirus-Krise, sondern die Mail einer Lehrerin!


Gleich vorweg: Ich bin nicht angetreten, um Reden an die Nation zu schwingen. Schon gar nicht über Virusse (ist das der richtige Plural?). Ich bleibe gerne bei meinen Leisten. Kein Statement von mir. Keine tollen Ideen, was jetzt zu tun ist. Kein nix dazu.

Florian und ich sehen und spüren die momentane Lage - im Innen wie im Außen - und freuen uns, dass uns Dinge einfallen, die wir auch in einer Zeit, in der Experten hoffentlich das Richtige tun und entscheiden, unserer Mission nachgehen und weiterzaubern können.


Gestern allerdings habe ich eine E-Mail bekommen, die mich im ersten Moment total beeindruckt hat. Und dann hat sie mich nachdenklich gemacht. Also, die E-Mail. Sie stammt von einer Lehrerin, mit der wir persönlich zu tun haben. Um genau zu sein, ist sie die Klassenlehrerin unseres Sohnes. Wer wissen möchte, wie sie heißt - ich darf ihren Namen am Ende dieses Blogposts nennen.


Schon einige Stunden nach der Verkündung, dass die Schulen in NRW bis mindestens zu den Osterferien geschlossen bleiben, wurde sie tätig. Sie schrub keine motivierenden oder tröstenden Worte oder eine Einschätzung aus ihrer Sicht oder Ratschläge (und da ist ja eh das Wort "Schläge" drin, was wir gar nicht mögen). Nein, sie hat (quasi über Nacht) den Unterrichtsstoff der Klasse in Home Schooling Lektionen aufgeteilt, digital aufbereitet und stellt den Kindern täglich online eine Aufgabe zur Verfügung, die sie wahlweise am Computer oder handschriftlich bearbeiten und dann einreichen. 


Gleichzeitig setzte sie Impulse, die wenigen Elternhäuser, die u.U. kein Internet und keinen Computer besitzen, flexibel anzubinden und im allernötigsten Notfall über Smartphones oder sogar Briefpost zu versorgen.


Die Kinder sollen in der Zeit der Schulschließung nicht nur durch entsprechend aufgesetzte Lektionen den Umgang mit einer Tastatur und einfachen Word- oder Pages Dokumenten üben, sondern auch eigeninitiatives Lernen. Denn zu Hause entscheiden ja die Schüler selbst, ob sie morgens, mittags oder abends ihre Aufgaben bearbeiten und wann sie sich die etwa 60-90 Minuten Zeit nehmen.


Dass hinter dieser Lösung viel Arbeit steckt und weiter erfolgt, da die Lehrerin alle eingegangenen Bearbeitungen täglich korrigiert und mit den Kindern virtuell in Kontakt ist, brauche ich an dieser Stelle vermutlich gar nicht schreiben. Mach ich trotzdem! Weil ich es so unfassbar großartig finde.


Durch diese kreative und völlig eigenständig von der Lehrerin entwickelte Aktion profitieren aus meiner Sicht nicht nur die Schüler von einem weiter geführten Unterricht - sie vertiefen gleichzeitig den Umgang mit digitalem Studieren, dem Aufsetzen von einfachen Dokumenten und durch das Unterstützen der Eltern vielleicht sogar noch mehr Fertigkeiten am Computer ausserhalb der Social Media oder Gaming Aktivitäten.


Die Lehrerin auf der anderen Seite entwickelt gerade "mal eben so" ein völlig neues Konzept für den "Notfall" oder - und jetzt lehne ich mich mal gaaaanz weit aus dem Fenster - sogar ein neues, zukunftsfähiges Schul- und Lernkonzept! Es kann aus meiner Sicht, angereichert mit Zoom- oder Skype Events, sogar interaktiv und (weggedacht vom momentanen Auslöser, hingedacht zu einigen Workshops mit persönlicher Anwesenheit, sobald die "Krise" vorüber ist) für Elternhäuser spannend werden, die beruflich häufig mit Reisen konfrontiert sind und ihren Kindern auf diese Weise anstrengende Schulwechsel ersparen könnten... 

Und das ist total rumgesponnen. Meine Leser kennen mich so. Und mein Gehirn auch.


Abgesehen von all diesen wundervollen Wirksamkeiten, die die Pädagogin hier überraschend eigeninitiativ abruft, hatte ich noch einen weiteren Gedanken.


Wenn wir davon ausgehen, dass "Nächstenliebe", "Uneigennützigkeit", "Menschenwürde", "Miteinander", "Soziale Haltung" und "Hilfe in schwierigen Situationen" gerade hohe Güter wären... und nicht ganz wenige Menschen quatschen derzeit den gesamten Tag genau darüber... (um dann viel zu viel Klopapier und Desinfektionsmittel für einen einzigen Haushalt zu horten)... wie genau zeige ich dann bitte, dass ich nicht nur "so quatsche", sondern auch so handele?


Ich schreibe ganz bewusst ICH. Weil mich Geschichten wie die, dieser Lehrerin, an der Wurzel meiner Seele berühren. Wahrhaftig. Ich habe in den letzten Tagen noch einige mehr davon gehört. 

Und ich habe mir einfach diese hier herausgepickt. Weil ich wirklich laut geatmet habe, als ich die Mail las. 

Got me, Frau Lehrerin!


Alles, was diese Pädagogin jemals über ihre Einstellung zum Beruf, ihren Zielen für die Schüler, ihre Herangehensweise an den Lehrstoff (und so weiter) von sich gegeben hat, hat in dem Moment, als sie die Klasse zum Home Schooling einlud, für mich als getane Wahrheit herausgestellt. Klar - ich empfand vieles, das vorher im Unterricht und drumherum stattfand, schon als solide und gut und wir haben es hier mit einer engagierten und beherzten Lehrkraft zu tun. 

Und diese freiwillige Maßnahme hat mich - wie Du, liebe/r Leser/in gerade auch merkst, einmal völlig geflashed.

So will ich handeln, sein, erfahren werden. Ich bin dran!! Jetzt um so mehr!


Denn wenn ich hochehrwürdige Begriffe wie "Stärke", "Menschlichkeit", "Nächstenliebe", "Freundschaft", "Soziales Verhalten" oder "Ethik" in mein Leben und mein Reden hineinbeanspruche, dann wünsche ich mir auf Dauer Beweise. 

Ich habe zum Beispiel gemerkt, dass ich am liebsten von Menschen lerne, die das LEBEN, was sie SAGEN. Das sind übrigens auch die Menschen, die meistens gar nicht so viel sagen. Hm, seltsam...

Ja, is' klar, ich bin auch eine deutliche Wortproduktionseinheit und ich fühle meine allergrößte Bestimmung und Berufung in der Schönheit der Worte. 

Im Zauber des Kopfkinos. In der virtuellen Umarmung durch Kommunikation. Und im Geschichtenerzählen. Das ist, was ich kann. Und was ich mache. Hier in diesem Blog, in unserem Podcast und in meinen Social Media Communities.


Und das geht auch anders:


Sportler, die derzeit online Menschen in Quarantänesituationen tägliches Workout anbieten, Künstler, die vor der Handykamera kleine Darbietungen geben, Kollegen von uns, die auf Facebook und in Instagram schöne Geschichten erzählen und schreiben oder gesundes Essen auf YouTube live zubereiten und erklären, wie es geht... eben das, was der Einzelne am besten und am Einfachsten kann und was umsetzbar ist... darin liegt aus meiner Sicht der große Zauber unserer aktuellen Zeit. 


Was kann ich - was kannst Du tun, was Dir leicht fällt, was Dir sowieso Freude macht, und was vielleicht wenigstens ein paar andere Menschen mit Dir genießen können? Kannst Du malen? Oder schreiben? Oder Kindern Prozentrechnung erklären? Oder Blockflöte spielen, ohne dass es quietscht?

Kannst Du Witze erzählen? Oder zeigen, wie aus Kräutern Tee gemacht wird? Kannst Du Autos reparieren und in Deiner Garage filmen, wie Du einen Reifenwechsel für Anfänger machen würdest? Zum Wiederholen? Nach 20 Jahren Führerscheinprüfung und längst vergessenem Wissen darüber? Kannst Du meditieren und einfach jeden Abend zur Online-Session einladen? Wer mitmachen will, macht mit? Was fällt Dir ein? 


Nur bitte: Tu etwas positives. Das Negative übernehmen derzeit dafür ausgebildete Experten - und machen das wenigstens professionell.


Noch mehr Beispiele: Wie cool, dass die Berliner Philharmonie derzeit ihre Mediathek (die sonst ein gutes Geld kostet) frei zur Verfügung stellt und jeder Mensch auf der ganzem Welt in seinem Internet die wundervollen Konzerte sehen, hören und fühlen kann, ohne sich einer Gefahr auszusetzen. Wie unfassbar mutig von den Flugbegleitern unseren Fluges aus den USA nach Deutschland, sehr selbstverständlich und ohne Schutzmasken ihren Service auszuführen. Lächelnd, Komplimente verbreitend, liebevoll professionell, mit einer sehr unauffälligen Distanz und dem Gefühl großer Nähe und Sicherheit. 


Wie großartig überlegt und fokussiert handeln unsere direkt betroffenen Kollegen in Italien beim EKIS Institut derzeit und helfen durch ihr Wissen, obwohl sie um ihr Unternehmen bangen müssen. Wie unendlich selbstlos unterstützt uns derzeit unser deutsches kontext*denken Team mit Dasein, Ideen entwickeln und danach handeln. Wie unfassbar großartig arbeiten Menschen im Gesundheitssystem in diesen Zeiten - und mein Loblied könnte kein Ende nehmen. Je länger ich schreibe, desto mehr Fälle kommen mir in den Sinn, die in den Tribe "meiner Pädagogin" passen würden.


Und jetzt endlich, nach sooo viel Text, den ich mir wahrhaftig von der Seele geschrieben habe, kommt auch die Portion NLP. Denn natürlich gibt es derzeit viel zu Jammern, viel zu Klagen, viel Schlimmes und Schlimmeres "da draußen" - und einmal am Tage mindestens sollten wir unser Gehirn dazu bringen einen Gedanken zu denken wie: Was könnte ich heute Gutes daraus gewinnen? Was kann ich tun, um meinen sonst so leichtfüßig ausgesprochenen Idealen auch Taten zu schenken? Wie viel flexibler kann ich noch werden? Woran würden andere erkennen, dass das, was ich ansonsten so fordere an hehren Großartigkeiten - dass ich das selbst auch LEBE?


Und was könntest Du TUN, um das unter Beweis zu stellen. Ja, beweise mir Hashtag Nächstenliebe und Hashtag Ethik und Hastig Tugend und Hashtag Moral und Hashtag Stärke und Hashtag Ehrlichkeit und weißdergeierwasdusonstnochsoalles an moralischen Begriffen für Dich beanspruchen würdest. Denn sonst glaube ich Dir kein Wort. Und mir auch nicht.


Puuuh. So. Das war jetzt mal eine Quelle der Gefühlsshreiberei, Ihr Lieben. Uiuiui. Ich werde mich ab jetzt noch genauer beobachten. Was quatsch ich und was davon lebe ich und damit ... ist es ein Kommunikationsmodell, das zum prallen, guten Tun wird. Das will ich haben.


So, wie es die Lehrerin meines Sohnes mir vorgelebt hat. Mit einer sofortigen Reaktion auf die Maßnahmen der Landesregierung. Nämlich einer Tat. Fabelhaft! Damit liegt die Messlatte hoch - und mein Wochenstart wird um so spannender.


Gebt allesamt gut auf Euch Acht und mit dem Rest des Tatendrangs... mach was Tollkühnes. Und teile es einfach.


Liebe Grüße.

Miri


Danke an Rebecca Kersting, die nicht nur unseren Sohn zum Nachdenken bringt.

Danke an Paddy Schäfer, der schon immer lebt, was er sagt und größte Menschenliebe performt.

Danke an Hartmut Schader, der immer da ist. Und große Dinge tut. Ohne groß darüber zu reden.

Danke an Roberta Liguori und Alessandro Mora für ihr Vorbild-Sein, ihr Mentoring und Coaching und ihre unendliche Weisheit - vor allem gerade virtuell.

Danke an all die Menschen, die mich und uns derzeit inspirierend begleiten - auch wenn sie gar nichts davon wissen.

Danke an Florian, der mich immer und immer wieder in den Arm nimmt und mir das Gefühl gibt, unendlich geliebt zu sein.

Foto: Sasin Tipchai